Stoffgeschichten

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Ich sitze an unserem Esstisch, sehe mich um und frage mich: Woher kommen eigentlich die ganzen Dinge um mich herum – der Tisch? Die Tischdecke? Das Schälchen auf der Fensterbank, in der die Rosenblüten zum Trocknen liegen, die ich vor einigen Tagen vor unserem Haus von dem Rosenbusch aufgelesen habe? Der Pullover, den ich trage – oder der Computer, auf dem ich diese Zeilen hier schreibe?

Ich frage mich: Wie mag wohl der Mensch aussehen, der unter Tage bei Hitze und Dreck geschuftet hat, um die seltenen Erden zutage zu fördern, die für den Bau meines Handys notwendig waren? Welche Vorlieben, Ideen und Interessen hat wohl der Mensch, der den Kaffee angebaut und geerntet hat, den ich gerade trinke?

 

Die Geschichte der Dinge

Wir haben den Bezug zu den meisten Dingen um uns herum eigentlich komplett verloren, denke ich mir. Also schau ich mal im Netz: Eine Website, die gesammelt darüber Auskunft gibt, woher eigentlich das Zubehör zu unserem Alltag kommt, finde ich nicht.

Dafür aber zum Beispiel Infos zu der Herkunft der Materialien eines Handys. Das Unternehmen Fairphone – das ein faires und nachhaltiges Smartphone herstellen will (was derzeit noch nicht hundertprozentig gelingt) – listet mal auf:

  1. Die Mineralien und Metalle für das Smartphone kommen aus einer Region (Dominikanische Republik Kongo), in der sich Militärdiktaturen an dem Bergbau bereichern.
  2. Die Fertigung soll in Fabriken stattfinden (China), in denen die Menschenrechte gewahrt und die Arbeitsbedingungen fair sind.
  3. Und die Designer (Niederlanden) haben sich ein Konzept ausgedacht, das das Gerät reparaturtauglich macht.

 

Einmal um die Welt

Aus der Liste wird einmal mehr klar, was ich schon weiß: Die Produkte – oder deren Bestandteile – haben eine weite Reise hinter sich, bis sie bei mir landen – nur wissen wir in aller Regel nichts davon. Wie ein unsichtbares Netz umspannen die Wege und Strecken, die die Rohstoffe, Bestandteile und Dinge zurücklegen, unseren Planeten.

Wir finden es ganz normal, dass zum Beispiel Autos oder Jeans aus den USA nach Europa geschifft werden und umgekehrt – nur damit sich verschiedene Unternehmen auf verschiedenen Märkten ihren Anteil erobern können. Es scheint uns logisch, dass wir die Materialien von einem Kontinent zum anderen verfrachten – nur, weil dort die Arbeitslöhne und Umweltschutzauflagen niedriger sind.

Aus ökonomischer Sicht mag das auch tatsächlich sinnvoll sein. Die Hoffnung ist zumindest, dass der Wettbewerb der Unternehmen dafür sorgt, dass die besten Produkte und die besten Unternehmen die Nase vorne haben und so die anderen dazu bringen, ebenfalls nachzuziehen. Praktisch ist das keineswegs immer so...

Und natürlich hat diese Vorgehensweise aus ökologischer Sicht wenig Sinn: So gesehen wäre es wesentlich sinnvoller, die Transportwege so kurz wie möglich zu halten, lokale Rohstoffe zu nutzen und diese auch in der Nähe des geplanten Verkaufsortes zu den Produkten zu verarbeiten.

Und wie ist das bei dir?

Und wie sieht das eigentlich bei dir aus? Mach mal den Test in deinem alltäglichen Umfeld: Wähle drei Dinge aus deinem direkten Umfeld aus – zum Beispiel ein Kleidungsstück, ein Elektrogerät und ein Lebensmittel – und beschreibe deren Herkunftsgeschichte. Ich kann dir aus eigener Erfahrung sagen: Es wird deinen Blickwinkel auf die Dinge um dich herum verändern. Auf einmal erkennst du, wie viel Aufwand notwendig ist, um sie herzustellen. Und ich zumindest habe mich danach ernsthaft gefragt, wie vieles davon so merkwürdig billig im Preis sein kann...

 

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