Fazit | KLAMOTTEN

Fazit | KLAMOTTEN

Was soll ich bloß anziehen? Auf diese Frage wollten wir in diesem Monat zum Thema KLAMOTTEN neue Antworten finden. Und zwar solche, die für Fairness und Umweltschutz stehen. Das ist uns zwar gelungen – doch wir haben auch erkannt, dass wir dringend etwas tun müssen.

Schmutzige Klamotten

Die Dimensionen der sozialen und ökologischen Missstände, die wir vorgefunden haben, haben uns regelrecht erschüttert: Wir haben zum Beispiel im Gespräch mit Kirsten Brodde von Greenpeace erfahren, dass die Modeindustrie der zweitgrößte Umweltverschmutzer nach der Erdölindustrie ist. Vor allem die Gifte, die bei der Produktion ungefiltert in die Umwelt gelangen, richten bei Menschen, Tieren und Pflanzen viel Schaden an. Aber auch das Mikroplastik, das zum Beispiel beim Waschen von Synthetikkleidern ins Wasser gelangt.

Interview: Kirsten Brodde arbeitet bei Greenpeace an der Detox My Fashion Kampagne

Außerdem haben wir bei unserer Aktion „Nachfragen“ – bei der wir durch eine Hamburger Einkaufsmeile gelaufen und in den Geschäften nach den Herstellungsbedingungen gefragt haben – erfahren, dass wohl nahezu 100 Prozent dieser Kleidung zu unfairen Bedingungen hergestellt sind. Zumindest haben wir keine Siegel darin gefunden. Das heißt, dass hierfür Menschen zu Löhnen arbeiten mussten, die ihnen nicht zum Leben reichen. In Fabrikgebäuden, die womöglich auch noch gesundheits- oder gar lebensbedrohlich sind.

Ja, es war ein wirklich beschämendes Gefühl da in der Fußgängerzone zu stehen, all den geschäftigen Menschen hinterher zu schauen – und sich vorzustellen, dass an ihrem Klamotten unglaublich viel Schuld klebt (auch an unseren wahrscheinlich). Und dass diese Menschen das gar nicht wissen – vermutlich noch nicht mal wissen wollen... Uns ging es lange Zeit ja auch so. Wir tun so, als wären wir wohlhabend und zivilisiert. Doch mit welchen Mitteln haben wir uns diesen Anschein erkauft?

Dennoch: Es geht voran

Aber es gab nicht nur negative Erkenntnisse. Zum Beispiel haben wir im Gespräch mit Berndt Hinzmann vom INKOTA netzwerk erfahren, dass nach dem Zusammensturz der Textilfabrik in Rana Plaza – bei dem über 1.000 Menschen umgekommen sind und über 2.500 Menschen verletzt wurden – dass es danach tatsächlich politische Veränderungen gab. Textilunternehmen können nun nicht einfach die Verantwortung bei solchen Katastrophen ablehnen und schulternzuckend auf ihre Zulieferer verweisen. Es ist hier noch längst nicht genug geschehen – aber laut Berndt gibt es hier eindeutig auch eine positive Entwicklung.

Interview: Bernd Hinzmann von Inkota über faire Kleidung

Ja, und wir haben gesehen, dass wir alle etwas beitragen können: Indem wir Kleidung bewusster auswählen und den wahren, angemessenen Preis dafür bezahlen. Denn wir haben auch festgestellt, dass es selbst in der Innenstadt Läden gibt, in denen man faire und ökologische Klamotten bekommt.

Wichtig: Klamotten-Konsum reduzieren!

Doch wichtig ist nicht nur, wo du deine Klamotten kaufst, sondern dass wir viel, viel weniger Klamotten konsumieren. Der unvorstellbar große Berg an Billigkleidung, die jährlich produziert, transportiert, kaum getragen und schon wieder weggeschmissen wird, ist tatsächlich der Kern des Problems. Dazu haben wir gemeinsam mit anderen Ideen entwickelt, wie wir unsere Garderobe reduzieren und Kleidung in einen Kreislauf statt zum Müll bringen kann. Zum Beispiel durch die Klamottenkur ...

Zum Beispiel haben wir uns die tolle Initiative „Verbraucher Kunst Woche“ angeschaut – und dort auch einen Workshop zu dem Thema KLAMOTTEN gemacht. In einem Ladenlokal hat Özlem Kurt zusammen mit anderen in Zwischennutzung einen Second-Hand-Laden mit Tauschbörse aufgemacht, in dem gleichzeitig Upcycling- und DIY-Kurse, Diskussionen und Workshops stattfanden.

Interview: Özlem Kurt über Kleidertausch, Second Hand und Kleiderkreisläufe

Auch Herrengewandmeister Daniel Bäßler empfiehlt uns, Klamotten nicht unbedingt neu, sondern Second Hand oder aus kleinen Manufakturen zu kaufen, und damit dem großen, kommerziellen Bekleidungsmarkt zu umgehen.

Und wir haben Sandra Mosler-Marien kennengelernt, die hier in Hamburg den veganen Klamottenladen Vunderland betreibt und sich für den Schutz von Tieren einsetzt – ein Thema, dass für die meisten Menschen zu grauenhaft ist, um sich überhaupt damit zu beschäftigen. Doch wenn wir das nicht tun und unser Handeln entsprechend ändern, sind wir mit Schuld an millionenfachem Leid...

interview-sandra-mosler-vunderland

Fazit

Mein Fazit ist, dass ich viel zu lange gar nicht weit genug gedacht habe, wenn es um Klamotten ging. Zum Glück bin ich nicht so der modische Typ und ich bleibe meinem Stil mehr oder weniger seit Jahrzehnten treu. Und ich kauf genau so lange schon sehr gern Second Hand. Dabei werde ich bleiben.

So positiv die Alternativen und Lösungen wie auch sind. Am Ende dieses Expeditionsmonats erscheint mir das alles wie ein Tropfen auf einen heißen Stein. Öko-Label, Second-Hand-Läden und Klamottentauschparties sind ja schön und gut. Doch nur eine ganz kleine Minderheit der Menschen nutzt sie tatsächlich.

Ja stimmt. Der große Wurf ist das wahrlich nicht. Außerdem – wenn ich mich hier in unserer Wohnung so umschaue – sind die Klamotten ja nur ein kleiner Teil der Tausende von Dingen, die wir kaufen und immer schneller wieder wegschmeißen... müssen. Nicht nur Kleidung und Schuhe werden immer billiger produziert, sondern vor allem auch Elektrogeräte und Möbel. Sie gehen ganz schön schnell kaputt und lassen sich dann nicht reparieren.

April-Thema: Einrichten

Und deshalb werden wir uns im nächsten Monat mit dem Thema „Einrichten“ beschäftigen. Zum Beispiel mit der Frage, wie viel wir tatsächlich brauchen und was es mit dem Trend zum Minimalismus auf sich hat? Was die Repair-Bewegung ist und wie man da mitmachen kann? Oder woran wir faire und ökologische Möbel und Geräte überhaupt erkennen können?

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