Hans-Christoph Bill wohnt in Hamburg in dem Wohnprojekt Stattschloss. Wie unterscheidet sich das Leben in Gemeinschaft von anderem Wohnen? Und was sind die Freuden und Herausforderungen? Darüber haben wir mit ihm gesprochen.
Die Wolken hängen wieder einmal tief und schwer und dunkel über Hamburg, als ich am Ende der Reeperbahn aus der U-Bahn steige, mich durch Sträßchen schlängele und in die Unzerstraße einbiege. Auf einmal ist der Trubel der Feiermeile wie ausgeknipst. Ich bin in einem ruhigen Wohnviertel mit typischen, Hamburger Mehrfamilienhäusern. Eines davon ist irgendwie bunter als die anderen. Es ist das Stattschloss.
36 Erwachsene und 16 Kinder
Hans-Christoph wohnt bereits seit Anfang an mit im Stattschloss, das die Gemeinschaft zusammen gebaut hat. 36 Erwachsene und 16 Kinder teilen sich hier 23 Wohnungen, eine gemeinsame Dachterrasse mit Sauna, einen kleinen Garten im Hinterhof mit obligatorischem Trampolin, Hasenställen und Sandkasten, einen Gemeinschaftsraum zum Feiern, eine Food-Coop, einen Waschkeller und eine Werkstatt.
Geteilt wird es erschwinglich
"Weil wir uns vieles teilen, wird manches davon für uns überhaupt erst erschwinglich", meint Hans-Christoph, nachdem er mich durch das Haus geführt hat und wir es uns trotz langsam einsetzenden Nieselregens auf der Dachterrasse gemütlich gemacht haben. Er zeigt zur Sauna.
Die ist ein gutes Beispiel dafür, dass geteilter Besitz nicht nur umweltfreundlicher ist (hier gibt es nicht 23 mal Werkzeuge, sondern eben nur ein paar in der gemeinsamen Werkstatt). Es ist auch günstiger. Genauso sieht es zum Beispiel mit dem Ökostrom aus. Den rechnet die Gemeinschaft nicht pro Haushalt, sondern insgesamt mit dem Energie-Anbieter ab.
Entscheidungen treffen als Herausforderung
Doch natürlich kann so eine Gemeinschaft auch eine Herausforderung werden – wenn unterschiedliche Vorstellungen aufeinander prallen: Soll in den Gemeinschaftsraum eine Küche eingebaut werden und wenn ja, wie teuer darf sie und wie ökologisch muss sie sein? Da lernt man sicherlich, unterschiedliche Positionen auszuhalten, Lösungen zu finden und Entscheidungsprozesse auch mit vielen Beteiligten irgendwie effektiv zu machen.
Und ich denke mir: "Ist zwar sicherlich manchmal nervig, aber auch wiederum gut, wenn man weiß, wie das geht". Denn in anderen Fällen sind die Mitglieder der Gemeinschaft eben auch schnell mal einer Meinung: für sie war klar, dass sie die Gästewohnung (die ebenfalls jeder Stattschloss-Bewohner nutzen kann) kostenlos an Geflüchtete abgeben wollten.
Wohnprojekt: Heimelig und kreativ
Gut eine Stunde haben wir beide das Haus besichtigt und miteinander gesprochen, dann mache ich mich wieder auf in die Welt "da draußen". So scheint es mir zumindest. Denn das Stattschloss hat mich warm empfangen. Überall zeugen Wandbilder, Fliesenmosaike, kleine Schildchen, ein Lager selbstgemachter Marmelade und aufgepinnte Zeitschriftenausschnitte davon, dass hier Menschen zusammenleben, die sich kreativ und liebevoll in ihr Haus einbringen.
Kein Vergleich zu sonstigen Mehrfamilien-Mietshäusern würde ich sagen. Und die Hoffnung bleibt, dass immer mehr Menschen den Schritt wagen und sich zu einem Gemeinschaftswohnprojekt zusammenschließen.
Aktion: Wohnprojekt finden
Wenn dich nun die Sehnsucht nach einem eigenen Wohnprojekt gepackt hat, dann schau doch mal in unsere Aktion hier rein: Gemeinsam mit Menschen, die selbst in Gemeinschaften leben, haben wir Schritte entwickelt, die dir dabei helfen, das passende Wohnprojekt oder Ökodorf zu finden.
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