Michael LaFond ist Wahlberliner und beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit gemeinschaftlichen, selbstorganisierten Wohnformen. Er leitet seit 15 Jahren in Berlin das Institut für Kreative Nachhaltigkeit. Er wohnt auch in einer Genossenschaft und ist seit Jahren damit glücklich. Im Video erzählt uns etwas über gemeinschaftliches Wohnen.
Wir vernetzen und fördern
Mit dem Institut für Nachhaltigkeit sind wir seit vielen Jahren dabei, gemeinschaftliche Wohnformen, wie CoHousing oder Genossenschaften, zu vernetzen und bekannt zu machen. Das heißt, wir organisieren jedes Jahr die Experiment Days, eine Art Projektbörse oder Wohnprojekt-Tag für selbstorganisierte Wohnformen. Wir machen auch Veröffentlichungen. Zum Beispiel kommt in den nächsten Wochen ein Buch heraus. Es heißt: "CoHousing Inclusive", mit Betonung auf Inklusion, im Rahmen selbstorganisierter gemeinschaftlicher Wohnprojekte.
Wachsende Nachfrage, zu wenig Angebote
Die Nachfrage wächst von Jahr zu Jahr -zumindest in Berlin und in den weiteren deutschen Großstädten, für genossenschaftliche und gemeinschaftliche Wohnformen. Das Angebot wächst nicht unbedingt, auch weil es schwieriger geworden ist, an Grundstücke zu kommen, beziehungsweise an die Finanzierungen, die notwendig sind. Die Nachfrage ist da. Wir kämpfen nachwievor, um das Angebot zu fördern.
Warum Menschen gemeinsam wohnen wollen
Viele Menschen suchen Gemeinschaft, die suchen Nachbarn, wollen Freunde haben nebenan. Viele wollen einfach nicht mehr einsam wohnen. Viele machen das aus ökonomischen Gründen. Sie wollen Geld sparen. Sie wollen Ressourcen sparen - wollen nachhaltiger leben und wohnen. Manche wollen ökologisch wohnen. Viele wollen sich selbst ausdrücken. Sie wollen sich einbringen und das eigene Umfeld mitgestalten oder auch mit verwalten.
Menschen wollen sich sicher fühlen
Menschen wollen sicher sein. Das heißt, sie wollen irgendwo sein, wo sie bequem sind, aber wo sie auch glauben, bleiben zu können. Die Menschen heutzutage sind von Unsicherheiten geplagt. Die Frage ist ständig da: Wie geht es denn weiter? Kann ich die Miete bezahlen? Bin ich irgendwann weg gescheucht. Sicherheit ist grundsätzlich wichtig. Aber Menschen wollen auch immer mehr ihre Nachbarn nebenan haben, mit denen sie sich austauschen und reden können. Für manche heißt das, ab und zu mit anderen Menschen zu kochen und zu essen oder Karten spielen, oder ähnliches.
Überlegen, was wir brauchen
Die Lebensstile, die Arbeitsformen, die Familienstrukturen, die ändern sich. Die sind vielfältiger geworden und werden noch vielfältiger. Das heißt, die Lösungen oder Wohnformen die wir brauchen, die müssen das dann auch respektieren. Manche Leute brauchen und wollen mehr Gemeinschaft, manche weniger. Deswegen sind wir für die Vielfalt und möchten niemals sagen, dass es eine bestimmte Lösung gibt. Oder eine Wohnform, die für alle passend ist.
Auch deswegen ist die Nutzung und Orientierung so wichtig. Wir haben für uns alle zu schauen oder zu überlegen, was wir im Leben brauchen. Und was wir nicht brauchen. Wir sollten alle die Möglichkeit haben, die eigene Wohnung oder die eigene Nachbarschaft dementsprechend zu beeinflussen - und weiter zu entwickeln.
Gemeinschaftliche Wohnprojekte sind ökologischer
CoHousing, beziehungsweise, gemeinschaftliche Wohnprojekte sind nicht immer, aber oft ökologisch. Das merken wir, wenn Menschen schon damit anfangen, die eigene Wohnung oder das eigene Haus mit den Mitmenschen zu gestalten, dann denken die an Gesundheit oder auch an die Umwelt. Das heißt, man kommt schnell dazu, Solarenergie mit einzubeziehen, ein Blockheizkraftwerk oder auch Wärmedämmung, um Energie sparen zu können. Oder es kommt schnell ein Mobilitätskonzept dazu und man sagt sich: Vielleicht können wir Autos teilen! Oder Waschmaschinen. Das ist wie gesagt nicht immer so, aber in der Regel schon. Die gemeinschaftlichen Wohnprojekte sind ökologischer als normales Wohnen.
Am besten vorher gut informieren
Es gibt in allen Großstädten Beratungsstellen oder auch Online-Plattformen, zum Beispiel uns, die wir viele Jahre für Berlin die Datenbank CoHousing|Berlin organisieren. Da sind viele Projekte kurz profiliert. Man kann also im Internet schauen, welche Projekte gerade Mitstreiterinnen und Mitstreiter suchen. Aber es gibt auch Ressourcen im Internet, wie auf der Bundesebene in Deutschland, bei der stiftung trias, ein Wohnprojekte-Portal. Es gibt öffentliche Beratungsstellen. Es gibt Experten.
Zunächst heißt es also: Wir haben uns zu informieren. Es ist nicht zu unterschätzen, was es heißt, mit Menschen eine Genossenschaft oder ein Wohnprojekt neu zu starten. Also, man sollte schon eine Beratung oder Unterstützung aussuchen, beziehungsweise eine Gruppe von Menschen, die ähnlich orientiert sind. Mit der Gruppe geht es natürlich besser und schneller.
Wohnen in der Zukunft
Optimales Wohnen in der Zukunft muss zunächst einmal bezahlbar sein. Das ist die Grundlage. Auch deswegen haben wir uns im Prinzip alle inzwischen mit der Stadtentwicklungspolitik zu beschäftige, mit der Immobilienpolitik, mit der Mietenpolitik, der Wohnpolitik. Die Grundlage muss eigentlich da sein für die Bevölkerung. Und darauf können wir aufbauen.
Aber darüber hinaus sehe ich eine ganz große Vielfalt an Wohnformen und Wohnkulturen - also Wohnoptionen. Die Menschen sollten sich in den jeweiligen Städten Optionen aussuchen. Natürlich sollte es ökologischer und gesünder sein. Aber viel attraktiver als das ist, vielleicht das Wichtigste, wenn wir an gemeinschaftliche Wohnformen denken, dann heißt es nicht unbedingt sparsamer, weniger oder energieeffizienter. Es heißt, die Wohnformen sollten unbedingt nicht nur angenehmer sein, sondern viel attraktiver. Es geht darum, in uns, in den Mitmenschen wieder mal eine Begeisterung für das Wohnen zu wecken.
Also für die Zukunft ganz spannende Wohnformen zu finden, die wir uns heute kaum ausdenken und vorstellen können. Wir haben eben daran zu arbeiten und zu schauen, was uns da hin bringt!
Wir können uns selbst organisieren
Es gab in den letzten Jahren und Jahrzehnten Spezialisten, Architekten oder Projektentwickler, und die haben für uns alle Häuser gebaut. Oder man hat uns Wohnungen und Häuser vermietet. Aber eigentlich sind wir als Menschen durchaus in der Lage, unsere eigenen Wohnungen zu planen. Mindestens mitzuplanen, mitzugestalten und auf alle Fälle mitzuverwalten. Aber das müssen wir zunächst selber kapieren oder wirklich glauben wollen.
Es geht um Einstellungen. Wir müssen uns ein bisschen damit beschäftigen und mit Menschen reden, die das schon machen. Also Menschen, die schon irgendwo in Wohnprojekten leben oder in Genossenschaften, um zu merken, was wirklich geht. Und mit positiven Einstellungen sind wir befähigt, diese Schritte zu nehmen...
Hier geht es zur Seite vom Institut für kreative Nachhaltigkeit.
Du hast Lust bekommen, dich nach einer gemeinschaftlichen Wohnform umzusehen? Bei der Aktion "Wohnprojekt finden" kannst du dich inspirieren lassen und deine Recherche organisieren.
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